Kontroverse im Ortsbeirat: GRÜNE wollen „Bertha Bracey-Platz“ in Falkenstein
Der bisher unbenannte Falkensteiner Platz in der Straße „Alt-Falkenstein“ soll künftig „Bertha Bracey-Platz“ heißen. Einen entsprechenden Antrag hatte unser Stadtverordneter und Vertreter im Ortsbeirat Falkenstein, Peter Völker-Holland, zur Ortsbeiratssitzung in Falkenstein am 14. Januar eingebracht. Der Antrag scheiterte am Widerstand der CDU.
In der Sitzung baute Bürgermeister Leonhard Helm jedoch eine Brücke. Er regte an, die Stadtarchivarin der Stadt, Dr. Alexandra König, mit einer tieferen Recherche zur Person und zu den Hintergründen zu beauftragen. Auf der Grundlage der zusammengetragenen Fakten könne dann neu diskutiert werden. Die GRÜNEN wollten das wichtige Thema aus dem Wahlkampf herausnehmen und zogen den Antrag zurück. Er soll nun auf der nächsten Ortsbeiratssitzung nach den Kommunalwahlen wieder aufgegriffen werden.
Kontroverser Sitzungsverlauf
In der Sitzung begründete Peter Völker-Holland den Antrag. Der bisher unbenannte Platz schräg gegenüber dem ehemaligen Hotel „Frankfurter Hof“ wird teilweise noch als „Ruppelplatz“, „Brunnenplatz“ oder als „Platz gegenüber der Versicherung“ bezeichnet.
„Schritt für Schritt wurde der Platz in Alt-Falkenstein durch den historischen Brunnen, eine schöne Bepflanzung, eine Parkbank und zuletzt durch den Bücherschrank aufgewertet. Es ist an der Zeit, diesem Falkensteiner Schmuckstück jetzt einen passenden Namen zu geben“, erklärt Völker-Holland.
Der Name Bertha Bracey ist eng verknüpft mit dem Frankfurter Hof, der schräg gegenüber dem Platz liegt. Die englische Lehrerin und Quäkerin Bertha Bracey überzeugte 1933 den Besitzer des Hotels Falkensteiner Hof, Jean Schmitt, im Durchschnitt fünf bis sechs Zimmer im Haus an das von ihr maßgeblich initiierte Rest Home Projekt (Erholungsheim-Projekt) zu vermieten. Ab 1933/34 wurde so aus dem Haus ein von englischen Quäkern im Geheimen betriebenes Erholungsheim für Verfolgte des Naziregimes. Es waren Gegner des Nationalsozialismus, die oft gerade aus einem Gefängnis oder Konzentrationslager entlassen wurden. Im Rest Home wurden die Gäste körperlich und seelisch wieder gestärkt und bei ihrer Emigration unterstützt. Dabei spielte ihre politische Ausrichtung oder ihre Konfession keine Rolle. Insgesamt 800 Personen wurden im Rahmen des mutigen Projektes beherbergt, bis es 1939 beendet wurde.
Der bekannteste Gast im Rest Home Falkenstein war Ernst Reuter, der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete, der gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hatte. Er kam im Frühjahr 1934 direkt nach seiner Entlassung aus dem Konzentrationslager Lichtenburg nach Falkenstein. Der Aufenthalt verschaffte ihm eine kurze Erholung, bevor er im Juni 1934 erneut inhaftiert wurde. 1935 konnte mit Unterstützung der Quäker seine Entlassung aus der Haft erwirkt und seine Emigration über England in die Türkei organisiert werden. Heute ist der Sozialdemokrat Ernst Reuter vor allem als Oberbürgermeister und als der erste „Regierende Bürgermeister“ von Berlin bekannt.
Bertha Bracey hat als eine der vielen Quäkerinnen die Rest Home-Bewegung für politisch Verfolgte nach Deutschland getragen. Kurz vor Kriegsende hat sie die Evakuierung der überlebenden Waisen des Konzentrationslagers Theresienstadt nach England organisiert. 1946 wurde sie von der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland zur Verantwortlichen für Flüchtlingsangelegenheiten ernannt; später war Bracey in der britischen und in der amerikanischen Zone für Frauenfragen zuständig. Diese Tätigkeit übte sie bis zum Ausscheiden im Jahre 1953 im Alter von 60 Jahren aus. Bertha Bracey wurde für ihren Einsatz für Flüchtlinge mit dem Order of the British Empire ausgezeichnet. Sie verstarb 1989 mit 96 Jahren, geehrt wegen ihrer bescheidenen Art mit großer humanitärer Wirkung.
Es ist den GRÜNEN Königstein Verpflichtung, Bertha Bracey und ihrem humanitären Engagement in Ehren zu erinnern und es vor dem Vergessen zu bewahren. Wo, wenn nicht gegenüber dem Erholungsheim im historischen Gebäude des Hotels Falkensteiner Hof könnte Königstein ihrer passender gedenken. Deshalb sollte dieser zentrale Platz in Falkenstein nach Bertha Bracey benannt werden. Eine Gedenktafel soll über die segensreiche Wirkungsstätte des im Hotel Falkensteiner Hof verborgenen Rest Home für Verfolgte des Nationalsozialismus und die Unterstützung durch dessen Besitzer Jean Schmitt informieren.
Widerstand der CDU – Schweigen von Seiten der ALK und FDP
Die CDU ließ schnell erkennen, dass sie den Antrag nicht unterstützen wolle. Es gäbe „eine ganze Anzahl von Menschen in Königstein, die etwas Gutes getan“ hätten. Man habe sich schon immer dagegen gewehrt, Plätzen oder Straßen einen Personennamen zu geben. Und überhaupt, so eine Vertreterin der CDU: „mich stört der Name“. Von der CDU wurde spontan die Benennung des Platzes in „Am Mühlstein“ vorgeschlagen. Der 1. Stadtrat der Stadt, Jörg Pöschl (CDU) schlug vor, über eine Gedenktafel am Frankfurter Hof nachzudenken, ganz allgemein zum Wirken der Quäker. Vertreter der ALK und der FDP äußerten sich in der Sitzung nicht zu dem Antrag.
Nachdem Bürgermeister Helm noch einmal für seinen Vorschlag sprach, zog Peter Völker-Holland den Antrag vorerst zurück. Nicht jedoch, ohne auf die CDU zu antworten: „Sie stört der nicht einfach auszusprechende englische Name. Ich sage: jeder kommt mit einem Namen auf die Welt – uns als GRÜNE geht es um die Inhalte, die hinter dem Namen stehen.“
Die GRÜNEN werden sich weiter für einen „Bertha Bracey-Platz“ in Falkenstein einsetzen. Dabei sei man auch offen gegenüber weiteren Vorschlägen, die sich aus der historischen Recherche der Stadtarchivarin im Kontext mit dem geheim betriebenen Erholungsheim für Verfolgte des Naziregimes ergeben.
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